May B. Aweley – Existenzlos

Irgendwie fällt es mir schwer, meine Eindrücke dieses Thrillers in Worte zu fassen. Es ist vielleicht nicht an konkreten Dingen festzumachen, aber ich habe das Gefühl, hier wurde viel Potential für einen guten Roman verschenkt. Grundlegend sind die hier eingeflossenen Ideen sicherlich nicht brandneu, die Story weist aber einen interessanten Twist im ersten Teil auf (der allerdings leider auf einer Lüge im “Klappentext” fußt) und verbindet spannende Themen geschickt miteinander.

Generell ist der Handlungsverlauf gut gelungen. Man geht ein wenig mit, wenn die (anfänglich zwei) Protagonisten versuchen, die mysterösen Umstände des zur Amnesie führenden Unfalls zu lösen. Aber irgendwie fehlt die Tiefe in der Erzählung. Am Ende erklärt die Autorin, dass sie lieber die Fantasie des Lesers anregt, als zu sehr ins Detail zu gehen. Für mich sieht es eher ein wenig nach fehlender Geduld aus, die vorherrschenden Atmosphären durch Feinheiten dem Leser nahezubringen. Im starken Gegensatz dazu dann das Einbringen der eigenen Recherchen in den Text, wo es dann nicht detailliert genug sein kann.

Eine andere Sache. Ist vielleicht ein merkwürdiger Vergleich: bei Umberto Ecos Der Name der Rose haben mir vor allem die lateinischen Einschübe das Lesen verleidet, zumal die Übersetzungen ja als Fußnoten mitgeliefert wurden. Es ließt sich einfach nicht flüssig. So ähnlich erging es mir hier mit den “Anm. des Autors” an diversen Stellen. Ich finde, dass man die Einbindung solcher Erklärungen für Fach- und Fremdbegriffe geschickter lösen kann, ohne den Lesefluss zu stören.

Insgesamt fand ich den Schreibstil eher unausgewogen. Mal waren es unnötig verschachtelte Sätze, mal schlichte Erwähnungen von Offensichtlichem. Auch war die Handlung ein wenig konfus; nicht nur in den Abschnitten wechselten Perspektiven, sondern auch mal mittendrin, von Satz zu Satz. Man konnte sich nicht auf einen oder eine zusammengehörige Gruppe von Handlungsträgern festlegen. Irgendwie trug immer wieder jemand anders zur Handlung bei, tauchten neue Handlungsträger auf (inklusive eines obligatorischen Bösewichts, der zum Ende noch eingeführt wird). Das ist für einen Roman von unter 200 Seiten Länge zu viel. Es hat mich am Ende dann sehr gewundert, dass hier tatsächlich ein Lektorat stattgefunden hat, denn das hätte ich bei einem Buch im Selbstverlag nicht erwartet (und leider so auch nicht wahrgenommen).

schulz